Donnerstag, 16.Oktober 2014
Lübecker Nachrichten
Raus aus dem Kinderzimmer, rein ins pure Abenteuer
Im Poggenbreeden soll ein Spielplatz mitten in der Natur entstehen. Die Kinder aus der Nachbarschaft haben ihn selbst geplant.
16.10.2014 23:10 Uhr
Bad Oldesloe. Das welke Laub auf der Wiese duftet würzig, Alik (7) und seine Freunde blinzeln in die Oktobersonne. Auf abgesägten Stammscheiben hocken sie im Kreis, schubsen und necken sich gegenseitig bis alle gemeinsam hintenüber fallen, laut kichernd und prustend. Der schmale hügelige Grünstreifen am Oldesloer Poggenbreeden ist schon fast ihr zweites Zuhause. Wenn die Schulaufgaben erledigt sind, entfliehen sie nur zu gern den Neubauwohnungen in der Siedlung, um kleine Abenteuer zu erleben: Klettern, Lagerfeuer machen, mit Hammer und Säge hantieren. Hier bestimmen sie, was geschieht, können sich ihre Welt selbst zurechtzimmern.
Für Nina (32) und Oliver Reher (33) ist es das Größte, wenn sie die Kinder aus dem Viertel so fröhlich spielen sehen. Die Geschwister — sie Sozialpädagogin und er Erzieher — haben vor drei Jahren den Verein „Erle: Erleben leben“ gegründet. Sie engagieren sich ehrenamtlich, um den Mädchen und Jungen am Poggenbreeden eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung jenseits von Computer und Playstation bieten zu können. „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen in erster Linie die Natur nahebringen und sie motivieren, selbst aktiv zu werden“, erzählt Nina Reher.
Und dieser Plan geht tatsächlich auf. Inzwischen ist der Treffpunkt im Grünen nicht mehr wegzudenken. Nicht nur die Kinder, auch ihre Eltern kennen ihn. „Sie wissen, hier ist jeder willkommen und kann mitmischen“, erzählt die Pädagogin. 30 Mädchen und Jungen zwischen sechs und zwölf Jahren schauen regelmäßig vorbei.
Auf dem Platz gibt es immer etwas zu tun. „Neulich haben wir den Bauwagen repariert. Das Holz war an einigen Stellen kaputt“, berichtet Tarek stolz. Er und die anderen bekamen das nötige Werkzeug an die Hand. Nina Reher zeigte ihnen, wie man hämmert und sägt, ohne blauen Daumen und Schnitte davonzutragen.
Wenn alles glatt geht, schreiten die jungen Baumeister aus dem Poggenbreeden im kommenden Jahr so richtig zur Tat. Denn sie wollen das Terrain zu einem Abenteuerspielplatz umgestalten. Das hügelige Gelände bietet zwar jetzt schon gute Bedingungen zum Rodeln und Bolzen, aber das Angebot könnte größer sein, sind sich die Kinder sicher. Das vorfabrizierte Klettergerüst etwa ist schon in die Jahre gekommen und lässt kaum Spielraum für eigene Kreativität. Es soll verschwinden, an seine Stelle soll ein Hüttendorf mit Indianertipis und ein Baumhaus entstehen. Auch ein Kletternetz ist geplant, dazu eine feste Feuerstelle zum Stockbrotbacken und eine Vogelvoliere.
„Wir durften mitentscheiden, wie der Abenteuerspielplatz später aussehen soll. Alle Ideen wurden zusammengetragen. Zum Schluss haben wir ein Modell gebaut, das wir den Leuten von der Stadt Bad Oldesloe vorgestellt haben“, erzählt Lola (10) stolz. Und ihr Cousin Nico (12) weist noch auf ein ganz wichtiges Detail hin: „Wir wollen nicht nur zugucken, wie das alles aufgebaut wird, sondern auch selbst mitmachen.“
Die Geschwister Reher stehen in Kontakt mit anderen Spielplatzinitiativen in Deutschland und besuchen Seminare, um neue Anregungen zu bekommen. „Wir überlegen, ob wir später auch Tiere anschaffen“, erzählt Nina Reher. Sie selbst hat eine Fortbildung zur Schafhaltung absolviert. Ihr schwebt vor, mit den Kindern Wolle zu spinnen und zu filzen. Außerdem will sie einen Garten mit Möhren, Kohl, Radieschen und anderen Gemüsesorten anlegen. „Dann können wir alles frisch ernten und über dem Feuer zubereiten“, erzählt die Pädagogin.
Noch ist die Finanzierung des Projekts nicht ganz geklärt. Die Stadt Bad Oldesloe will sich an den Personalkosten beteiligen. Doch das reicht nicht. Der Verein sucht deshalb dringend Spender und Sponsoren, die dazu beitragen, die Ideen der Kinder zu verwirklichen.
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